
TPU aus dem SLS 3D-Druck: flexible Bauteile nach individuellen Bedürfnissen
Ob technische Dämpfungselemente, Flexschläuche, Griffe oder Tastaturfelder, TPU und flexible, gummiartige Materialien können für verschiedenste Anwendungen eingesetzt werden. Durch die Verarbeitung dieser Materialien mit der 3D-Drucktechnologie SLS (oder FDM) ergeben sich zahlreiche innovative Perspektiven.
Thermoplastisches Polyurethan, kurz TPU genannt, ist ein elastischer Kunststoff mit hoher Flexibilität und Beständigkeit gegenüber Fetten und Ölen. Im Bereich des additiven Fertigungsverfahrens eröffnet TPU vielfältige Anwendungen, von Schuhsohlen und Reifen bis hin zu maßgeschneiderten Bauteilen und Handyhüllen. Besonders geeignet ist es für den 3D-Druck von Endprodukten, funktionalen Prototypen und Designmodellen.
Vorteile von TPU 3D-Druck mit SLS
Das Selektive Lasersintern (SLS) nutzt einen Hochleistungslaser, um kleine Partikel von Polymerpulver zu sintern, was die schichtweise Erzeugung des gewünschten Bauteils in einem Pulverbett ermöglicht. Diese Methode zeichnet sich in der additiven Fertigung durch eine effiziente Produktion bei niedrigen Stückkosten aus, insbesondere in den Bereichen Rapid Prototyping, maßgeschneiderter Fertigung bereits ab einer Stückzahl von eins und der Herstellung von Kleinserien. Einige wichtige Vorteile dieses Verfahrens sind:
| Shore-Härte
TPU hat eine Shore-Härte im Bereich von 55 bis 75. Die Shore-Härte dient als Maß für die Festigkeit von Kunststoffen und wird in der 3D-Druckbranche genutzt, um die Eigenschaften verschiedener Materialien miteinander zu vergleichen. Die Härte wird auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet, wobei höhere Werte für härtere Materialien stehen. Bei TPUs lässt sich die Härte präzise und nahtlos anpassen: Eine erhöhte Energiezufuhr während des Schmelzprozesses führt zu einer härteren Materialbeschaffenheit. Demnach bietet TPU eine große Vielfalt an Härtegraden, von fest bis weich.
| Rückstellfähigkeit
TPU weist eine bemerkenswerte Rückstellfähigkeit bei gleichzeitig niedrigem Druckverformungsrest auf – deutlich überlegen im Vergleich zu ähnlichen Kunststoffen. TPU kehrt nahezu zu 100 % in seinen ursprünglichen Zustand zurück.
| Thermische Belastung
Die meisten TPU-Varianten sind für eine thermische Belastung bis zu 80 °C geeignet, während kurzzeitige Expositionen von bis zu 120 °C möglich sind. Spezielle TPUs können sogar eine höhere Hitzebeständigkeit von bis zu 180 °C aufweisen.
| UV-beständigkeit
TPUs sind teilweise UV-beständig. Bei intensiver Sonneneinstrahlung kann eine Verfärbung auftreten, jedoch sind keine signifikanten Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften zu erwarten.
| Bruchdehnung
TPUs weisen eine extrem hohe Bruchdehnung von bis zu 500 % auf. Die Bruchdehnung beschreibt die maximale Dehnung eines Bauteils, bevor es reißt. Im SLS-3D-Druck erreicht TPU nahezu die Bruchdehnungswerte von spritzgegossenen TPU-Teilen, die etwa 700 % erreichen.
| Hydrolyse-Effekt
Moderne TPUs sind resistent gegen Hydrolyse. Ein sichtbarer Hydrolyse-Effekt tritt erst nach rund 10 Jahren auf. Im kurzfristigen Bereich haben Wasser und Temperaturen keinen Effekt.
| Farbgestaltung
Die Farbgestaltung von additiv gefertigten TPU-Bauteilen ist flexibel möglich. Schwarzes TPU erweist sich als besonders interessant, da es dem charakteristischen Aussehen von Gummiwerkstoffen nahekommt. Grundsätzlich sind nahezu alle Farben umsetzbar, wobei helle Farbtöne etwas anspruchsvoller zu realisieren sind.
Erhöhter Aufwand bei TPU im SLS gegenüber anderen Materialien
Die Kombination aus Selektivem Laser Sintern (SLS) und dem 3D-Druck von TPU bietet herausragende Möglichkeiten, bringt jedoch spezielle Herausforderungen mit sich. Besonders das einzigartige thermische Verhalten von TPU spielt dabei eine entscheidende Rolle. Beim SLS-3D-Druck mit TPU sind angepasste Prozessparameter erforderlich und die Steuerung des Druckprozesses gestaltet sich anspruchsvoll. Es ist notwendig, dass die einzelnen Bauteile im Bauraum einen größeren Abstand zueinander haben, im Vergleich etwa zum Druck von PA12. Zudem erfordert der Umgang mit den gedruckten TPU-Teilen nach Abschluss des 3D-Drucks besondere Aufmerksamkeit. Die Kühlung des Bauplattenmaterials und das Entfernen des Pulvers gestalten sich aufwendiger, um die Teile sauber und unbeschädigt zu entnehmen.
Für TPU ist eine mechanische Glättung der Oberfläche nicht realisierbar. Jedoch lässt sich durch den Einsatz speziell angepasster Lösungsmittel und Arbeitsprozesse eine chemische Glättung erreichen. Besonders interessant ist hierbei die Möglichkeit, die Oberfläche durch eine mediendichte Versiegelung zu schützen. Dies verhindert effektiv das Eindringen von Wasser in das gedruckte Bauteil.
Wenn eine Einfärbung der Bauteile gewünscht ist, erfolgt dies vorzugsweise durch das Tauchfärben. Dabei wird die Naturfarbe von TPU überdeckt. Eine ökologisch nachhaltige Eigenschaft von TPU im SLS-3D-Druck ist die vollständige Wiederverwendbarkeit des Pulvers, da es im thermischen Druckprozess keinen Schaden nimmt. In der Praxis wird jedoch nur eine Beimischung von 10 bis 15 % pro Druckauftrag vorgenommen, um eine konstante Druckqualität zu gewährleisten.
Konstruktionshinweise für den TPU 3D-Druck
Für den 3D-Druck von TPU gelten ähnliche Konstruktionsrichtlinien wie für das Material PA12. Abgesehen davon sollten bei der Konstruktion die folgenden Besonderheiten berücksichtigt werden:
Beim 3D-Druck von TPU mittels Selektivem Laser Sintering (SLS) sind keine Stützstrukturen erforderlich.
Die Wandstärke sollte mindestens 1 mm betragen. Obwohl der Laserfokus beim SLS deutlich geringer ist, erfordert die Verarbeitung von TPU eine Mindestwandstärke von 1 mm im Prozess, um die notwendige Bauteilstabilität zu gewährleisten. Wandstärken unter 1 mm sind bei Serienteilen möglich, wenn vorab technische Möglichkeiten ermittelt und an die spezifische Anwendung angepasst wurden.
Die zyklische Belastbarkeit von TPU-Teilen hängt von der Geometrie und der spezifischen Belastung (Biegen oder Drücken) ab. Generell weist TPU jedoch eine hohe Dauerfestigkeit auf.
Die Frage, bis zu welchem Stückzahlbereich TPU durch 3D-Druck konkurrenzfähig ist, lässt sich grob mit einer Faustregel beantworten. Dabei spielt die Wirtschaftlichkeit eine entscheidende Rolle, die stark von der Größe und Komplexität des gewünschten Bauteils abhängt. Im Bereich des SLS liegen typische Serienstückzahlen zwischen 5.000 und 15.000 Teilen. Bei TPU können die Stückzahlen für einen wirtschaftlichen 3D-Druck etwas darunter liegen.